Da kamen ja jetzt eine Menge Argumente.
Also die Gasannahme von FJ und FJR zu vergleichen hinkt ganz gewaltig, da erstere Vergaser nach alter Abgasnorm und letztere abgasgeregelter Einspritzer nach Euro-Norm. Wenn man feinfühlig ist, wird man bei jedem modernen Einspritzer ein gewisses Ruckeln verspüren, besonders wenn dieser mit Schmalband- bzw. Sprungwertsonden ausgestattet ist. Drive-by-wire
kann das je nach Fahrprogramm etwas ausbügeln, was aber keine Gesetzmäßigkeit darstellt. Ein weiteres Kriterium ist die Art und Weise der Spritmengenberechnung. Bei meinem jetzigen Motorrad wird jeder Zylinder einzeln gemessen, berechnet und individuell versorgt. Auch das bringt Vorteile ggü. einer Gemischtmessung und Gleichversorgung aller Zylinder. Deswegen bringt ja auch die Abgasvolumeneinstellung so viel. Das war selbst bei meiner 2009er R1 noch spürbar. Blindes Verstellen des Mäusekinos ohne Abgasmessung ist da eher kontraproduktiv.
Aber um auf die FJ1200 zurück zu kommen. Also für mich war sie das rundrum perfekte Motorrad. Deshalb habe ich meine erste auch schon in jugendlichem Alter gekauft und das gleich 2 Mal hintereinander; als die dritte angestanden hätte, gab es sie leider nicht mehr. Dabei traf ich in der FJ-IG auf ziemlich viele
"alte Rieselknochen" ... also so wie wir jetzt.
Da habe ich auch des öfteren gehört: "Wer sich so ein Motorrad leisten kann, ...". Wie ich diesen Spruch gehasst habe! Man kann anderen Leuten doch nur vor den Kopf gucken. Ich für meinen Teil habe damals jede verfügbare Mark dafür zusammengekratzt. Habe dann auch im Zelt geschlafen, wo andere in Hotel waren und mir Autos für maximal 500 Mark gekauft, wenn es hoch kam. Alle Arbeiten habe ich selbst erledigt und nur für die notwendigen Ersatzteile Geld ausgegeben. Irgendwann verändert sich das, man verdient mehr Geld und leistet sich den einen oder anderen Luxus. Das dies nicht von garantierter Dauer ist, habe auch ich mitbekommen müssen. Einigen sind die Hintergründe bekannt. Aber jetzt sind wieder eindeutig Prioritäten gefragt, die ich für mich (neu) gesetzt habe und anderen vielleicht schwer fallen zu verstehen.
Was die Beurteilung zu "Reisedampfer", "rollender Einbauküche" oder "Rundenzeiten" angeht, kann ich aus meiner aktiven
Sporttourer-Zeit berichten, dass dies doch sehr individuell ist. Leute, die noch nie Motorräder über 300kg oder mehr gefahren haben, beschimpfen die FJR sogar oft verächtlich als
"Dicke", ohne schätzen zu wissen, was für ein feines Werkzeug sie da eigentlich unter ihrem Wohlstandshintern haben. Ich kenne genügend FJR-Fahrer, die in der fröhlichen Hatz sehr zugetan sind und zusammen mit ihrer Sozia eine fahrerische Performance zeigen, von denen manche Solofahrer auf dem gleichen Motorrad nur träumen. Auch hier gilt: man kann den Leuten nur vor den Kopf gucken. Es gibt Leute, die sehen in der FJR das tourentaugliche Sportmotorrad. Andere sehen in ihr das sportliche Tourenmotorrad und wieder andere versuchen sie zur Goldwing aufzupeppen. Deswegen hat sie ja so eine breite Fangemeinde. Und grade weil das Motorrad so vielseitig ist, machen auch manche Features Sinn, wie z.B. das elektronische Fahrwerk: Donnerstagabend die Feierabendrunde allein oder mit den Kumpels über die Hausstrecke geblasen, Freitagmorgen noch mit kleinem Tankrucksack ins Büro, Freitagnachmittag mit Mutti und vollen Koffern über die Autobahn ins Wochendhotel und Samstag zu zweit ohne Gepäck durch den Harz mit seinem Wechselspiel aus idyllischen Buckelpisten und topfplanen Ausbaustrecken. Wer stellt sich da jedes Mal das Fahrwerk passend ein? Mit Elektronik kein Problem! Fahrspaß und Komfort, auch für die Sozia, hängen ganz nahe beisammen.
Dabei halte ich auch den Einwand auf Wartungskosten nicht für unbegründet. Nicht unbedingt um mit spitzem Bleistift zu rechnen, sondern um sich von vornherein darüber im klaren zu sein, was man sich leisten möchte oder kann. Dennoch unterschreibe zu einem gewissen Teil die Aussagelogik von Andre. Nämlich dann, wenn man solch ein Fahrzeug kauft, aber nun anfängt an Bremsbelägen, Ölfilter oder Helmen zu sparen. Oder einen Werkstattservice nutzt und sich dann über 2-5 Euro Mehrpreis alle 10.000km wegen einem bestimmten Kardanöl aufplustert; dann selber machen und richtig sparen.